Die Geschichte des Norwichkröpfers


1926 trommelte der große Taubenkenner, Züchter und Preisrichter, Heinz A. Pfeiffer (Berlin) die Züch­ter der Amsterdamer Kröpfer zusammen und gründete zu Berlin den »Club der Amsterdamer Ballon­kröpfer« mit Sitz in Berlin.
Im Jahre 1934 wurden auf Anordnung der Rassegeflügelzüchterorganisati­on die wenigen Züchter des Norwichkröpfers dem Club der »Amsterdamer Ballonkröpfer« angeschlos­sen. In den dreißiger Jahren waren es Züchter wie Saurbier, Messerschmidt, von Romerden, Dr. Friedmann und Büsing, welche den Norwichkröpfer immer mehr in der Öffentlichkeit zeigten.

Mitgliederliste 1938:
Ehrenmitglieder
: Generalkonsul Henry E. Ray (Den Haag), Direktor Hermann Müller (Berlin), Heinz August Pfeiffer (Berlin), Heinrich Andreas (Frankfurt/Main);
Vorstand:
Vorsitzender: Josef Geppert (Berlin), 
Stellvertreter: Otto Höfs (Ziebingen), 
Geschäftsführer: Fritz Juhre (Hönow), 
Zucht- und Wer­bewart: W. Schmolling (Ziebingen).

Es waren 1938 16 Mitglieder. Aus politischen Gründen wurden das Ehrenmitglied Henry E. Ray und Heinz A. Pfeiffer Ende der dreißiger Jahre aus allen Verbänden ausgeschlossen. Den Vorsitz des Clubs übernahm Josef Geppert (Berlin-Weißensee). Im Jahre 1938 trat Erich Büsing in den Verein ein. Wäh­rend des 2. Weltkrieges wurden auch Schauen durchgeführt: 1940 Taubenschau in Berlin, dort wurden 9 Norwichkröpfer gezeigt. 1942 16 Norwichkröpfer in Berlin-Weißensee. Aussteller war Peter Saur­bier. Er erhielt 4mal die Höchstnote »vorzüglich«. 

Nach Ende des 2. Weltkrieges hat der Vorsitzende Josef Geppert Berlin verlassen, sein Verbleib ist un­bekannt. Zum Glück konnte Peter Saurbier die Unterlagen des Clubs in Sicherheit bringen. 
Erich Bü­sing (Taucha) haben wir es zu verdanken, daß es weiterging. Ohne Wahlvorgang übernahm er den Vor­sitz des Sondervereins »Amsterdamer Ballon- und Norwichkröpfer«. Von nun an ging es stetig bergauf. 1949 waren es schon wieder 28 Mitglieder. Davon züchteten 13 Norwich-, 13 Amsterdamer Kröpfer sowie 2 Züchter beide Rassen.

Im Vorstand waren: 
Vorsitzender und Geschäftsführer: Erich Büsing (Taucha), 
Stellvertreter und Kas­sierer: Peter Saurbier (Berlin), 
Werbewart: Max Hohage (Brake), 
Zuchtwart für Amsterdamer: Georg Graf (Rain), 
Zuchtwart für Norwich: Max Hohage (Brake). 
Ende der vierziger Jahre betreuten Graf und Schenk Amsterdamer Züchter im Westen, Büsing im Osten. Die Norwich Max Hohage im Westen, Erich Büsing im Osten. Fortan wurden es mehr Norwichzüchter. 

1953 bildeten sich Gruppen. In Westdeutschland übernahm Max Hohage die Norwichzüchter. Die Amsterdamer Züchter gingen eigene Wege. In der DDR blieb Erich Büsing Vorsitzender. Im Westen Deutschlands wurde ein Sonderverein gegründet. Im Osten blieben beide Rassen vereint. Es entstand die Sonderzuchtgemeinschaft (SZG). 1959 wurde der Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintier­züchter (VKSK) gegründet.

R. Klinger

Wo und woraus entstand der Nor­wichkröpfer?

Eines weiß man mit Sicherheit: Der Norwichkröpfer ist die älteste in England, besonders in der Grafschaft Norfolk und ihrer Hauptstadt Norwich gezüchtete Kropftaube.


J. C. Lyell (Schottland) schrieb 1878 einige interessante Dinge über den Norwichkröpfer: Der Norwichkröpfer ist in den Grafschaften Norfolk, Suffolk und Essex gefunden worden. Er wurde bisher in keinem Buch, das englische Tauben behandelt, namentlich beschrieben, ob­wohl er sich von den großen Poutern (Kröpfern) erheblich unterschied. 


Moors (England) schrieb in seinem Buch: Der Oploper (auch: Uploper) ist eine ursprünglich in Holland ge­züchtete Taube, die in jeder Beziehung mit dem englischen Pouter gleich ist. Der Kropf ist groß, seine Beine sind sehr klein, schlank und kurz. In der niederländischen Sprache bedeutet oplopen »aufspringen«. Zu dieser Zeit legte man sehr viel Wert auf Größe, Form, Federn und Flugfähigkeit. 


Auf letzteres wurde am meisten Wert gelegt. J. C. Lyell züchtete über viele Jahre den Norwichkröpfer. Er war häufig in England und hatte Kontakt zu den englischen Züchtern. Zu dieser Zeit gab es in England und Holland acht Farbenschläge: Schwarz, Rot, Dun (mausgrau), Gelb, Blau, Dun (hellgrau), Gelb (créme) und Silber. 

Gute Flieger sollten sich in der Hand nicht schwer anfühlen. Zum größten Teil gehen sie sehr aufrecht. Sie hatten einen besonderen Bewegungsstil. Sehr oft zeigten sie Sprünge, die drei oder vier Fuß über den Boden reichten. 

Ein guter Flieger sollte kurz sein, denn lange Tiere fliegen viel schlechter. Er sollte wie ein Akrobat im Kreis losfliegen, laut mit den Flügeln klatschend, damit er von wei­tem zu hören war.


J. H. Lammers (Holland) schrieb 1958 über die Entstehung der Rasse: Die Wiege dieser Kröpfer hat auf holländischem Boden gestanden, damals wurden sie »Oploper« (Aufläufer) genannt. Es wird vermutet, daß holländische Einwanderer den Aufläufer mit nach England brachten. 

Die älteste bildliche Darstellung dieser Rasse reicht bis in die Mitte des 16. Jahrhun­derts zurück; sie soll sich auf einem Wirtshausschild in Brentford befunden haben. Aus dem Aufläufer entstand ein Flugkröpfer und später entstand daraus der Norwichkröpfer.



Die Holländer haben großen Anteil an der Erzüchtung des Norwichkröpfers. 

In Holland wurde die Zucht auf den englischen Standard ausgerichtet. Der Norwich hatte zu dieser Zeit einen riesigen Ballon. Er sollte kugelrund sein und einen Mindestdurch­messer von 15 cm haben. Sein Beiname war »der tanzende Luftballon«. Die Körperlänge soll­te 37 cm betragen, von der Schnabelspitze bis zum Schwanzende. Schon damals wurde auf ausreichende Halslänge geachtet, um einem großen, aufgeblasenen, nach allen Seiten abge­rundetem Blaswerk die Basis zu schaffen. 


Im damaligen Standard fand man folgende Farbenschläge: Einfarbig in Weiß, geherzt in Schwarz, Blau, Rot, Gelb, Rotfahl, Silberfahl und Blaufahl. Die Zeichnung sollte wie bei den englischen Kröpfern sein. Grobe Fehler waren: zu kurzer Hals, schwacher Kropf, hohe Beine sowie befiederte Füße. Wenige Federn an den Zehen treten heute noch ab und zu auf. Deren Ursprung ist nicht der große Engländer, sondern der Aufläufer. Auf alten holländischen Bild­darstellungen ist das eindeutig zu erkennen. 


Nach 1945 veränderte sich der Norwich immer mehr. Großen Anteil hatten holländische Züchter. Sie verfeinerten die einzelnen Rassemerkmale. Den größten Wert legte man auf einen sehr, sehr großen, kugelrunden Kropf. 

Aber auch in Deutschland veränderte sich die Rasse. Große Anteile in den vierziger Jahren hatten Max Hohage und Peter Saurbier. Hohage be­schäftigte sich intensiver mit der Vererbungslehre. Er war einer der ersten, der die einzelnen Farbenschläge miteinander kreuzte, um den Typ zu verbessern. Er und Peter Saurbier hatten große Anteile an der 1951 überarbeiteten Musterbeschreibung:


Kennzeichen: Größe, Gestalt und Haltung: 35 bis 37 cm. Aufgerichtet, aber tiefgestellt, sehr lebhaft. Kopf: glatt, verhältnismäßig klein, gewölbt, Stirn nur mäßig hoch. Schnabel: mittel­lang, kräftig, fleischfarben bei weißen und gelbgeherzten, hell-hornfarbig bei roten, dunkel bei den übrigen Farbenschlägen. Nasenwarzen: weiß. Auge: dunkel mit orangefarbener oder gelber Iris, weiße Tiere sollten dunkle Augen haben. Augenrand: schmal, blaßfarbig bei den hellen und hellgrau bei den dunklen Farbenschlägen. Kehle: ziemlich spitzen Winkel bildend, wegen des Kropfes selten sichtbar. Hals: lang, Kropf kugelförmig, an der Brust gut abgesetzt, den Hinterhals auftreibend. Brust: breiter als beim englischen Kröpfer. Auf Länge der Brust und des Bauches wird Wert gelegt. Rücken: an den Schultern etwas breit, stark abfallend. Flü­gel: gut geschlossen, eng anliegend, etwas kürzer als der Schwanz, auf dem letzteren ruhend. Schwanz: verhältnismäßig kurz und gut geschlossen. Bauch: breit und flach. Beine und Füße: mittellang, Schenkel hervortretend, kurz befiedert, Läufe und Zehen unbefiedert. Farbe und Zeichnung: in Geherzt, Schwarz, Rot, Gelb, Blau, Rotfahl, Silberfahl und Gelbfahl, einfarbig nur in Weiß. Das sogenannte Herz (die Halbmondzeichnung am Kropfe). Unterbrust und Bauch sowie Schenkel und Flügelschwingen sind stets weiß, der Schwanz also bei allen farbigen Ex­emplaren der Grundfarbe entsprechend. Flügelrose wie beim englischen Kröpfer. Grobe Fehler: zu kurzer Hals, schwacher Kropf, befiederte oder hohe Beine. Ringgröße: III


Nach diesem Standard wurde die Zucht viele Jahre ausgerichtet. 


R. Klinger